Interviews

Dario Caviezel und Ladina Jenny | Edwin Coratti | Julie Zogg

Julie Zogg
Julie Zogg, Bild: Mayk Wendt
Erleben Sie die TOP-Athlet*innen – Dario Caviezel und Ladina Jenny, Edwin Coratti und Julie Zogg – nicht nur auf der Rennpiste Prui am FIS Snowboard Weltcup, sondern lernen Sie sie persönlich durch Interviews kennen.

Dreamteam und Snowboard-Paar

Dario Caviezel und Ladina Jenny

Dario, wir haben gehört, dass du mit Ladina Jenny verlobt bist. Wie habt ihr euch kennenglernt?

 Wir haben uns durch das Snowboarden kennengelernt. Ladina war vor Jahren auch im Stützpunkt Davos und hat dort ihre ersten Rennerfahrungen gemacht. Erst Jahre später haben wir uns verliebt und haben uns jetzt, fünf Jahre später, verlobt.

Wie hat sie dein berufliches und privates Leben verändert?

 Ich bin zu Ladina gezogen und wohne bereits seit fünf Jahren im Kanton Schwyz. Das hatte auch zur Folge, dass ich den Konditionstrainer gewechselt habe. Ladina und ich trainieren dreimal in der Woche zusammen und verbringen allgemein viel Zeit zusammen.

Wie unterstützt ihr euch gegenseitig bei eurer Sportlerkarriere?

Wir können gegenseitig wahnsinnig viel vom anderen profitieren. Wir haben unterschiedliche Herangehensweisen und Stärken. Ich bin eher der Mutige, Unkonventionelle, Ladina hingegen überlegt sich jeden Schritt genauer und ist bedachter. Vom Fahrstil her kopieren wir uns nicht, aber können dem anderen immer wieder einen Tipp auf den Weg geben. Vor allem im mentalen Aspekt hilft es, wenn man jemanden im Team hat, dem man vertraut und der ganz genau weiss, wie man in verschiedensten Situationen tickt.  

Wie verbringt ihr eure Freizeit zusammen? Ist es ein Klischee, dass ihr auch in eurer Freizeit Snowboarden geht und zusammen trainiert?

Wir finden leider selten die Zeit, im Winter zusammen zu snowboarden. Hin und da gibt es mal einen freien Tag, wo wir uns auf einer Tour mit dem Splitboard austoben können. Allgemein sind wir sehr naturverbunden und gehen im Sommer oft wandern und geniessen die Freizeit in den Bergen.

Setzt ihr euch gemeinsame sportliche Ziele?

 Die Ziele definieren wir jeweils individuell. Es ist aber so, dass wir sehr ähnliche Ziele und Träume verfolgen. Wir beide haben noch keine kleine oder grosse Kristallkugel zu Hause stehen und haben an den Olympischen Spielen noch kein Edelmetall gewonnen. Das wollen wir ändern.

Was passiert, wenn jemand von euch eine Niederlage wegstecken muss und der/die andere gewinnt?

 Es ist immer herausfordernd, wenn es bei dem einen von uns nicht gut läuft. Aber wir managen das mittlerweile sehr gut und wissen genau, wie wir auf den anderen zugehen können. Fünf bis zehn Minuten nach der Niederlage ist Schweigen angesagt, ab dann geht es bei uns schnell wieder aufwärts. Lustige Sprüche meinerseits helfen Ladina, wieder zum Lachen zurückzufinden.

Gibt es etwas, wovon ihr schon lange träumt, aber es euch noch nicht getraut habt?

 Wir möchten gerne einmal mit Sack und Pack an den Flughafen fahren und ganz spontan verreisen. Wohin uns die Reise führt, entscheiden wir anhand eines Münzwurfes.

Wie sieht euer gemeinsamer Alltag aus? Wie sähe er ohne Snowboarden aus?

Wir sind beide sehr aktiv und brauchen viel Bewegung. Das würde sich auch nicht ändern, wenn wir keine Spitzensportler*innen wären. Wenn wir keine Snowboarder*innen wären, würden wir einem «normalen» Job nachgehen und die sportlichen Aktivitäten am Abend nachholen.

Snowboard-Legende

Edwin Coratti

Für dich ist der FIS Weltcup in Scuol praktisch ein Heimrennen, warum?

Der FIS Weltcup in Scuol ist für mich praktisch ein Heimrennen, weil ich erstens nur eine halbe Stunde Fahrzeit von zu Hause bis nach Scuol habe und zweitens arbeiten sehr viele Freund*innen und Bekannte von mir in Scuol. Egal, ob beim Bäcker im Dorf, im Restaurant auf der Hütte oder bei den Aufstiegsanlagen – überall treffe ich auf bekannte Gesichter, die mich unterstützen. Einige davon kommen sogar in der Mittagspause in den Zielraum, um mich anzufeuern. Ausserdem ist es ein super Rennhang und das Rennen ist immer perfekt organisiert. Ich empfinde es als meinen persönlichen Heimweltcup und deshalb ist es für mich immer besonders, an den Start vom FIS Snowboard Weltcup in Scuol zu gehen.

Werden deine Freunde und Familie für dich in Scuol sein, wenn das Rennen stattfindet?

Ja, der Fanclub Coratti wird wie jedes Jahr mit einem grossen Aufgebot in Scuol dabei sein. 

Die Medien sagen, du seist «ein alter Hase mit konstantem Erfolg». Was sagst du dazu? Wie kommt es, dass die Medien das behaupten?

Als «alten Hasen» fühle ich mich noch nicht, obwohl ich schon seit über 10 Jahren beim Weltcup dabei bin. Ich hatte die letzten vier bis fünf Jahre immer konstante Resultate und war jede Saison auf dem Podium vertreten. Trotzdem denke ich, dass ich mein komplettes Potenzial noch nicht ausgeschöpft habe. Jedes Jahr gewinnt man an Erfahrung, optimiert das Snowboardmaterial und hält sich körperlich fit. Das alles zu kombinieren und zu perfektionieren, braucht Zeit und Geduld, deshalb habe ich noch einiges vor.

In Italien werden 2024 die Olympischen Spiele stattfinden. Wie fühlst du dich dabei? 

Dass die Olympischen Winterspiele 2024 bei uns in Italien stattfinden, ist natürlich grossartig. Es gibt viel Aufmerksamkeit, auch medial ist es für uns Sportler*innen und unseren Sport sehr positiv. Der Fokus liegt ganz klar auf diesem Ziel und es wird viel daraufhin gearbeitet und investiert. Ich freue mich schon auf dieses sehr spannende Jahr.

Du hast gute Chancen, bei den Olympischen Winterspielen 2024 dabei zu sein, obwohl im starken italienischen Team «nur» vier Athleten dabei sein können. Wie gehst du damit um? Wie geht ihr im Team damit um?

Es ist schon eine heikle Situation, da es bei den letzten Wettkämpfen oft nur durch einen Trainer-Entscheid beschlossen wurde, wer starten darf und wer nicht. Wir sind mittlerweile acht Athleten, die auf das Podium fahren können. Wer die besseren Resultate in der Saison hat, qualifiziert sich. Ich weiss, ich muss vom ersten Rennen weg meine Leistung bringen. Im Team haben wir alle genug Respekt voreinander, um erwachsen mit diesen Entscheidungen umzugehen. Wir pushen und helfen uns gegenseitig im Training und im Wettkampf fährt dann jeder für sich allein.

Wie gehst du mit einer Niederlage um? 

Mit Niederlagen gehe ich mittlerweile gelassen um. Es gibt immer einen Grund dafür und auch eine Lösung, damit es nicht mehr passiert. Natürlich gibt es in unserem Sport viele Momente, die sehr bitter sein können, aber man lernt damit umzugehen und das hilft einem unglaublich im Leben.

Wie entspannst du dich nach einer stressigen Zeit, z. B. nach vielen Wettkämpfen in einer Wintersaison?

Nach einer stressigen Zeit entspanne ich mich gerne zu Hause. Vor allem in der Natur kann ich meinen Körper am besten ausruhen. Um den Kopf abzuschalten und freizubekommen, mache ich gerne Ausflüge mit meinen Freund*innen.

Was ist deine persönliche Motivation für das Snowboarden? 

Meine persönliche Motivation für das Snowboarden ist die Leidenschaft und dass ich mich dabei immer weiter verbessern kann. Zudem gibt es kein besseres Gefühl, als die Piste hinunter zu «carven» und die besten «Turns» zu ziehen.

Seit wann fährst du Snowboard? Und wie hast du dein Interesse dafür entwickelt?

Ich fahre Snowboard, seit ich 9 Jahre alt war. Mir hat Skifahren als kleiner Bub nie gefallen und mein Vater machte den Vorschlag, etwas Neues zu probieren. Somit gingen wir dann das erste Mal Snowboarden. 

Für den Sport bist du schon mehrmals um die ganze Welt gereist. Wo könntest du dir vorstellen zu leben bezüglich der Infrastruktur, der Gastgebenden, der Pisten – und warum?

Den schönsten Ort, den ich bereist habe, war Neuseeland. Ich könnte mir vorstellen, dort zu leben, weil es landschaftlich unglaublich schön ist und die Menschen dort alle freundlich und entspannt sind.

Was für langfristige Ziele hast du dir vorgenommen?

Ich denke, ich werde dem Snowboard-Sport treu bleiben, auch nach meiner aktiven Karriere. Ich bin von diesem Sport begeistert und will versuchen, diesen auch in Zukunft weiterzubringen.

Wie würdest du dich charakterlich beschreiben?

Charakterlich würde ich mich als eine Person mit zwei Seiten beschreiben: Einerseits bin ich eine ruhige, in sich gekehrte Person, andererseits gebe ich immer 100 Prozent und versuche, meine Limits zu überschreiten.

Schweizer Snowboard-Profi

Julie Zogg

Du hast so viel Erfolg mit deiner Sportkarriere und das resultiert sicherlich auch in stressigen und anstrengenden Zeiten. Du hast einmal gesagt, dass du normalerweise mit deiner Familie und Freunden entspannst. Wie balancierst du den Stress aus, wenn Familie oder Freunde keine Zeit haben oder du zu weit weg bist, beispielsweise in einem anderen Land?

Wenn die Familie und die Freunde weit weg sind, brauche ich für meine Balance «Me-Time». Ich geniesse es sehr, wenn ich einmal nur für mich Zeit nehmen und das machen kann, was gerade mein Bedürfnis ist.

Was ist dir wichtig, damit du eine Spitzen-Performance erreichen kannst?

Das Wichtigste für mich ist, dass ich Spass habe an dem, was ich mache. Ohne Spass und Freude hätte ich nie so grosse Erfolge feiern können.

Was machst du jeweils vor dem Rennen? Gibt es da gewisse «Rituale», damit du nicht nervös wirst? Falls ja, welche?

Kurz vor dem Start absolviere ich immer das gleiche Warm-up. Danach gehe ich in den Startbereich und gehe nochmals die wichtigsten Punkte für den bevorstehenden Lauf durch. Am Start gibt es dann noch kühlen Schnee in den Nacken sowie ein Handschlag mit meinem Physiotherapeuten, bevor das Startsignal erklingt.

Du bist eine Meisterin der Technik: Was sind die besten Übungen, die du einem Snowboard-Fan raten würdest – vor, während und nach dem Training?

Für mich ist es immer wichtig, dass ich vor dem Training gut aufwärme. Daher empfehle ich einem Snowboard-Fan, dass er sich vor dem Snowboarden aufwärmt. Essenziell dabei ist, dass alle Muskelgruppen einmal durchbewegt werden, sodass man auf alles vorbereitet ist. Während dem Training ist es für mich notwendig, dass man auch mal eine Pause macht und vor allem, dass man auf dem Berg genug trinkt (Wasser natürlich ;-)). Nach dem Training ist Regeneration angesagt. Das heisst, man geht spazieren oder leicht joggen, sodass man am nächsten Tag wieder fit für das Snowboarden ist.

Wie würdest du dich charakterlich beschreiben und was würdest du sagen, macht dich als Sportlerin und als Person aus?

Ich bin sehr ehrgeizig und bin auch eine Perfektionistin. Daher ist es für mich manchmal schwierig, wenn etwas nicht nach Plan geht. Ebenfalls bin ich sehr zielstrebig und versuche, mir im Leben sowie im Sport immer Ziele zu setzen. 

Was ist das Erste, was du machst, wenn du eine Saison abgeschlossen hast?

Nach einer Saison wird mit dem ganzen Team angestossen und die Saison gefeiert. Danach geht es nach Hause zu meiner Familie und dann freue ich mich, dass ich wieder mehr Zeit für meine Familie und meine Freund*innen habe.

Was machst du im Sommer und in den Nebensaisons ohne Schnee, um in Form zu bleiben?

Für mich ist das Sommertraining das schönste Training im Jahr. Im Sommer trainiere ich möglichst vielfältig und versuche mich immer mal wieder in neuen Sportarten. Ich trainiere im Sommer elf Einheiten in der Woche. Fünf von elf Einheiten sind Krafttraining und die anderen sechs Trainings bestehen aus Ausdauertraining, Intervalltraining sowie diverse Spielsportarten, wie zum Beispiel Tennis oder Paddeln. 

Wie würde dein Alltag ohne Snowboarden aussehen?

Nach meiner Snowboard-Karriere wünsche ich mir eine kleine Familie. Ich werde dem Sport sicherlich erhalten bleiben und mir ein eigenes Business aufbauen als Personaltrainerin, Masseurin und vielleicht auch als Mentaltrainerin, um jungen Athlet*innen zu helfen, ihre Ziele zu erreichen und den Weg dorthin zu erleichtern. So stelle ich mir den Alltag ohne Snowboarden vor. 

Dario Caviezel und Ladina Jenny
Dario Caviezel und Ladina Jenny
Dario Caviezel
Dario Caviezel
Edwin Coratti
Edwin Coratti
Julie Zogg
Julie Zogg