Der Snowboarder, der auch Mountainbiker ist

Nevin Galmarini

Nevin Galmarini
Nevin Galmarini über den Flow, seine Geschichte, die Motivation im Sommer und die Gründe, warum Mountainbiken für ihn so wichtig geworden ist.

Von Dave Spielmann

Ohne genauere Betrachtung könnte man annehmen, alpines Snowboarden und Mountainbiken hätten nicht viel gemeinsam. Das sieht Nevin Galmarini anders, und er muss es wissen. Ist er doch als Olympiasieger im Snowboarden der absolute Experte auf dem Schnee. Aber auch auf dem Mountainbike muss er sich definitiv nicht verstecken.

Fährt man einen anspruchsvollen Weg in angemessenem Tempo mit dem Bike hinunter, so sind es die gleichen Aspekte wie beim Snowboarden, welche wesentlich sind, meint Nevin. Körper und Gehirn sind fokussiert und konzentriert auf das, was vor einem liegt – 100% Aufmerksamkeit – das Tempo und die Freude, um nur einige der Parallelen zu nennen!

Nevin Galmarini unterwegs zur Alp Laret

Wir wollten es genauer wissen und haben Nevin auf einer seiner Lieblingstouren in seiner Heimat, dem Unterengadin, begleitet. Er wollte uns – bei Sonnenaufgang – etwas Spezielles zeigen. So sind wir in aller Herrgottsfrühe in Scuol los gegangen. Dieses Mal mit einem Bike-Shuttle, so dass wir nicht um 2 Uhr nachts im Ort lostreten mussten. Dennoch warteten noch einige harte Höhenmeter auf uns. Bei seinem Hausberg in Scuol zeigte er uns seine Lieblingstrails rund um den Piz Clünas vorbei an der Alp Laret bis vor seine Haustüre in Ardez.

Solche Bike-Touren sind für Nevin jedoch kein Problem und Teil seines Sommertrainings. Aber es ist viel mehr als nur Training. Das intensive Naturerlebnis und die Möglichkeit, einfach aus dem Alltag auszubrechen, machen für Nevin das Mountainbiken so besonders faszinierend. Wir verstehen schnell, was Nevin meinte. Solche spektakuläre Naturerlebnisse, wie der atemberaubende Sonnenaufgang über dem Unterengadin heute, lassen einen den Alltag für einen intensiven Moment vergessen. Wir können uns gut vorstellen, dass Nevin im Winter aus genau solchen Situationen Kraft schöpft, um seine Konzentration zu finden und die vielen Herausforderungen zu meistern.

Piz Clünas - Sonnenaufgang über dem Engadin

Ganz entspannt und in aller Ruhe geniessen wir die Aussicht. Nevin erzählt uns wie wichtig die ganze Region für ihn und seine Entwicklung als Spitzensportler war und heute noch ist. Als er 13 Jahre alt war, ist seine Familie wegen des Snowboardsports der Kinder in das Unterengadin gezogen. Vorher kannte die Familie in erster Linie die Seen des Oberengadins, auf denen sich die eingefleischten Windsurfer oft in den Ferien tummelten. Angekommen in Scuol besuchte Nevin zusammen mit seinem Bruder die Sportklasse des Hochalpinen Institut Ftan. Sie lernten romanisch, fanden die besten Trainingsbedingungen vor und legten so den Grundstein für den heutigen sportlichen Erfolg.

Ohne diesen Umzug wäre ich nicht Olympiasieger geworden!

Sobald es abwärts geht, merkt man Nevin an, dass er nun in seinem Element ist. Die Geschwindigkeit, die Anpassung an das Gelände, die Balance auf dem Bike, das sofortige Reagieren – das entspricht dem Spitzensportler Nevin. Es hilft natürlich, dass er fit ist, richtig fit. Zu dieser Fitness verhilft ihm auch sein Bruder. Dieser ist als Konditionstrainer für das ganze Trainingsprogramm im Sommer zuständig und sorgt für die perfekten Bedingungen, damit Nevin das Maximum aus sich herausholen kann. Dabei hilft es natürlich ungemein, dass sein Bruder auch sein bester Freund ist. Dieser weiss genau um seine Bedürfnisse und Grenzen. 

Er freue sich immer auf den Sommer, sagt Nevin. Im Sommer verändert sich alles und es ziehe ihn automatisch raus in die Natur. Das Gefühl der Unabhängigkeit, sein eigener Chef zu sein, ist Nevin wichtig und etwas, worauf er sich immer wieder freut. Denn im Winter ist sein Leben vorwiegend fremdbestimmt, der Kalender ab September bis April voll. Zudem wird die Basis für den Winter im Sommer gelegt – dies in einer idealen Kombination aus Training und Freizeitaktivitäten mit Familie und Freunden.

Hochebene zwischen Piz Clünas und Piz la Greala

Auf unserer Tour sind wir mittlerweile am wunderschönen Lai da Minschun vorbei gekommen. Bis zum See war der Trail anspruchsvoll und steinig. Nun wähnt man sich irgendwo in den Weiten Schottlands. Über die hügelige Landschaft führt uns der natürliche Trail in Richtung Tal. Wir geniessen alle diesen Traumtag inmitten der eindrücklichen Unterengadiner Berglandschaft. Doch langsam meldet sich auch der Hunger, denn seit dem schnellen Frühstück sind einige Stunden vergangen und wir haben auch schon was geleistet. Nevin verspricht uns eine Überraschung und steuert zielstrebig die Alp Laret an, welche wir in der Ferne erblicken können.

Lai da Mischun

In der Alphütte werden wir wirklich überrascht. Wir teilen uns einen hausgemachten Kaiserschmarrn und Jogurt direkt aus dem Kessel, mit frischen Früchten. Dazu serviert die junge Älpler Familie frischen Kaffee und selbst gemachten Sirup. Die perfekte Pause – wir haben Zeit, die Sonne zu geniessen und herauszufinden, was Nevin in all den Jahren motiviert hat, immer weiter zu machen und Topleistungen zu erbringen.

Nevin ist es wichtig, dass er sein Potential voll ausschöpfen kann. Die grossartigen Voraussetzungen im Bereich des technischen und physischen Trainings sowie sein Umfeld sind die optimale Grundlage, um das Optimum zu erreichen. Nevin will sich ständig weiterentwickeln und natürlich immer das Beste aus sich und der Situation herausholen. Er ist sehr ehrgeizig und erst mit seinen Leistungen zufrieden, wenn er in jedes Detail investiert und dabei vollen Einsatz gegeben hat. Nevin ist ein «Vollgas-Typ» und ordnet dem Erfolg sehr viel unter. Trotzdem ist es ihm wichtig, dass er sich nicht nur über den Erfolg definiert. Seine Familie und Freunde sind ihm sehr wichtig. Wenn er sich entscheiden müsste zwischen seinem Umfeld oder dem Olympiasieg, dann würde die Wahl ganz klar auf die Familie fallen.

Nevin gewährt uns auf dieser Sonnenterasse interessante Einblicke in das Leben eines Spitzensportlers. Man spürt, dass er viel Wert darauf legt, das Positive hervorzuheben und auf sein eigenes Feeling zu hören. Frisch gestärkt geht unsere Tour weiter ins Tal Richtung Ftan.

Offizieller Trail von Alp Laret Richtung Bergstation Prui

Auf dem Rückweg treffen wir nun vermehrt auf Wanderer. Nevin wird natürlich erkannt und posiert geduldig für «Selfie’s» mit seinen Fans. Diese Zeit für einen kleinen «Schwatz» muss sein. Die viel diskutierten Probleme zwischen Biker und Wanderer sind nicht spürbar. Es braucht einfach etwas Respekt und Toleranz von allen Beteiligten, wobei es natürlich hilft, mit einem Olympiasieger unterwegs zu sein…

Abfahrt ins Tal, Richtung Ftan

Die letzten Höhenmeter runter ins Tal sind wir auf den Hometrails von Nevin unterwegs. Wieder ein Beweis für die Vielfältigkeit des Unterengadins, der weiche Waldboden mit vielen Kurven. Wir wollen nun noch einen Abstecher nach Ardez machen, wo Nevin aufgewachsen ist. Im Dorfkern angekommen, gönnen wir uns das fast schon obligatorische Gelato nach der Tour. Wir haben ein Highlight nach dem anderen erlebt und dabei den Snowboarder UND den Mountainbiker Nevin erlebt.

Dorfzentrum Ardez

Zum Schluss kommt noch die klassische Frage auf, wo er denn seine Medaillen aufbewahre? Nevin beantwortet sie mit einem verschmitzten Lächeln: «Ach, die sind in einer Kiste im Keller. Wenn ich sie nicht immer sehe, bleibe ich hungriger!»

Nevin Galmarini

Bilder Filip Zuan / Text Dave Spielmann

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