Drei Scuoler Snowboardgenerationen

Cla Mosca, Nevin Galmarini und Ricarda Hauser

Drei Scuoler Snowboardgenerationen.
Cla Mosca, Nevin Galmarini und Ricarda Hauser
Scuol brachte in der Vergangenheit bedeutende Namen im Snowboard Alpin hervor. Cla Mosca wurde 1993 Weltmeister in Ischgl, sein Bruder Fadri 1997 in Heavenly. Einige Jahre später sicherte sich Nevin Galmarini bei den Olympischen Spielen 2014 in Sotschi Silber, 2018 in Pyeongchang gar die Goldmedaille. Und die nächste Generation steht bereits in den Startlöchern: Seien es der neu im Challenger-Kader aufgenommene Nuri Mosca oder Ricarda Hauser, welche vor dem Sprung ins Schweizer Weltcupteam steht. Beide möchten sie an die Erfolge der Scuoler Wegbereiter anknüpfen. Treffen die drei Generationen aus Scuol zusammen, dreht sich alles – nicht verwunderlich – um ihren geliebten Sport.
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1987 wurde in Scuol die erste Snowboardschule Europas gegründet und 1993/94 lancierte das Hochalpine Institut Ftan (HIF) eine Sportschule für den Snowboardnachwuchs. Die Unterengadiner Gemeinde stand damit von Anfang an im Zentrum der Snowboardszene. Über die Jahre wurden hier Schweizermeisterschaften ausgetragen und es folgten Weltmeistertitel und olympische Medaillen für Unterengadiner Athlet*innen in der Alpin-Disziplin. Spätestens 2018 mit der Aufnahme in den FIS-Kalender als jährlicher Austragungsort für Weltcuprennen hat sich Scuol vollends in der Sportart etabliert.

Cla Mosca, Nevin Galmarini und Ricarda Hauser.
Alle drei haben eins gemeinsam: Die Verbindung zum Wintersportgebiet Motta Naluns.

Besondere Verbindung zu Motta Naluns

Seit dem Aufkommen des Snowboards in den 60ern und der Blütezeit in den 90ern sind viele Jahre vergangen und mehrere Generationen haben sich in das Sportgerät verliebt. Sinnbildlich dafür stehen Cla Mosca, Nevin Galmarini und Ricarda Hauser, welche drei unterschiedliche Generationen abbilden und in Scuol verwurzelt sind, konkret im Skigebiet Motta Naluns. Alle drei sind sie hier gross geworden, haben das Snowboarden gelernt und bezeichnen es als ihre Heimat.

Ich habe so viele Skigebiete auf der ganzen Welt gesehen, aber Motta Naluns gefällt mir nach wie vor am besten.

Nevin Galmarini

Jeweils Anfang Jahr wird in ihrer Heimat der FIS Snowboard Weltcup ausgetragen. Ein Anlass, der ihnen grosse Freude bereitet. Ricarda hofft, noch des Öfteren hier am Start zu stehen. Zwei Mal erhielt sie die Ehre der Vorfahrerin, bevor sie dann 2022 ihr Weltcupdebüt an ihrem Heimrennen feiern durfte – eine unglaubliche Ehre und ein Ereignis, in dessen Genuss nicht viele Athlet*innen kommen. Für Nevin war die erste Austragung 2018 etwas vom schönsten in seiner ganzen Karriere, zwei Wochen nach seinem Olympiasieg in Südkorea. Er fuhr direkt aufs Podest, aber noch überwältigender war für ihn der damit verbundene Sieg im Gesamtweltcup mit dem Gewinn der Kristallkugel in seiner Heimat. Durch seinen Rücktritt wird er in Scuol kein Weltcuprennen mehr fahren, dafür hilft er nun im OK bei der Organisation des Anlasses mit.

Alle drei haben eins gemeinsam: Die Verbindung zum Wintersportgebiet Motta Naluns.
Spass auf der Piste.

Von zwei Brettern auf eines

Im Gegensatz zu Cla und Nevin hat Ricarda ihre Karriere noch vor sich und widmet sich neben dem Snowboarden ihrem Psychologie-Studium. Cla arbeitet mittlerweile als selbständiger Coach und Berater, Nevin ist Kundenbetreuer Key Accounts bei PostFinance und zudem Koordinator Spitzensport und Studium an der Fernfachhochschule Schweiz. Zu ihrem Sport gefunden haben alle über das Skifahren. Ricarda fuhr bis zum Alter von acht Jahren Ski, wollte dann etwas Neues ausprobieren und blieb dabei. Cla verfügt über ein grundsätzliches Interesse an neuen Sachen. Als Mitte der 80er-Jahre das Swingbo aufkam, quasi ein Surfbrett auf Ski, war er sogleich begeistert über dessen Carving-Möglichkeiten. Im Tiefschnee oder für die breite Masse taugte das Sportgerät jedoch nicht. Mit etwa 18 Jahren entdeckte er schliesslich das Powdern auf dem Snowboard, was ihn nicht mehr losliess. Bei Nevin hätte die Karrierewahl auch in Richtung Skisport kippen können. In einer Skifahrerfamilie gross geworden mit einer Mutter, welche im B-Kader Ski Alpin fuhr, ein Weltcup-Rennen bestritt und bei den Gehörlosen-Rennen etliche Male Olympiasiegerin wurde, ahmte er seinen grösseren Bruder nach und stieg nicht zuletzt aufgrund der Leidenschaft seines Vaters für Windsurfen mit etwa 10 Jahren auf Snowboard um.

Auch nach einer Million Kurven möchte ich immer noch eine weitere fahren.

Nevin Gamlarini

Erfolgsmomente im Schnee

An der Junioren-WM 2021 fuhr Ricarda auf den 4. Platz. Leider knapp am Podest vorbei, doch es war für sie trotzdem ihr grösster sportlicher Erfolg bisher. Ihr wurde zum ersten Mal bewusst, dass sie mit den Topfahrerinnen mithalten kann. Nevins grösster Erfolgsmoment war selbstredend Gold in Pyeongchang – zumindest gegen aussen. Für ihn selbst war die ganze Zeitspanne von 2014 bis 2018 ein einziger Erfolgsmoment, als er zum Schluss mit dem Sieg im Gesamtweltcup über eine Saison Spitzenreiter war. Seine Profi-Karriere dauerte viel länger und er erreichte viel mehr, als er sich je erträumte. Dafür ist er unheimlich dankbar und stolz darauf. Vom Erreichen der selbst gesteckten Ziele zehrt er noch heute. Clas grösster Triumph war sein Weltmeistertitel 1993 in Ischgl. Eigentlich wollte er etwas zuvor seine Karriere frustriert an den Nagel hängen, weil er seine Trainingsleistung in den Rennen einfach nicht ins Ziel brachte. Doch Joe Zangerl, heute Internatsleiter des HIF in Ftan, ermunterte ihn zum Weitermachen – mit herausragendem Erfolg, wie sich herausstellte. Clas Energie vor dem entscheidenden Rennen sei von aussen wahrnehmbar gewesen und er habe bereits beim Aufstehen gewusst, dass heute sein grosser Tag gekommen sei.

Gemütlicher Zwischenstopp im Bergrestaurant.
Drei Generationen teilen sich dieselbe Leidenschaft.

Drei unterschiedliche Erfolgsrezepte

Joe Zangerl nahm auch entscheidend Einfluss auf Nevin. Mit ihm trainierte er am HIF und lernte zu seinem Glück die unglaublich banale aber ebenso wichtige Lektion: Wenn du trainierst, wirst du besser. Bis heute setzt er voll und ganz auf diese Mentalität und glaubt fest daran, dass durch eigenes Investieren irgendwann in irgendeiner Form etwas zurückkommt. Ricarda setzt für den Erfolg auf ihre Leidenschaft für das Snowboarden. Den Blick auf das Positive zu wenden, zu kämpfen und sich «reinzubeissen», auch wenn es einmal weniger gut läuft, sieht sie als entscheidend an. An ihrer Lockerheit bei den Rennen müsse sie noch arbeiten – aus Clas Sicht ein sehr wichtiger Faktor. Nur wer entspannt, aber dennoch fokussiert an eine Sache herangeht, könne seine maximale Leistung abrufen. Diese Erfolgsrezepte umzusetzen, klingt zwar einfach, ist es natürlich nicht. Auch als Profisportler*in kämpft man, wie bei einem «normalen» Job, an gewissen Tagen oder Rennen mit Motivationsproblemen und Freude an der Sache.

Entscheidend ist, dass du dich fokussierst, denn deine Energie fliesst dahin, wo deine Aufmerksamkeit liegt. Und entspanne dich – ein optimaler Leistungszustand ist ein entspannter Zustand.

Cla Mosca

Unvergessliche Momente: Podestplätze, Verantwortung und familiäre Triumphe

Besonders in Erinnerung bleiben die speziellen Geschichten, die der Sport schreibt. Sehr emotional erlebte Ricarda ihren ersten Podestplatz im Europacup Ende 2021. Sie genoss es, ihr gestecktes Ziel erreicht zu haben, inklusive dem Weg bis dahin. Dass sich ihr Umfeld fast noch mehr darüber freute als sie sich selbst, bewegte sie sehr. Auch Nevin ist der Moment unter die Haut gegangen, als er 2014 nach dem Medaillengewinn in Scuol ankam und sich fremde Leute, besonders auch Kinder, extrem für ihn freuten. Da realisierte er, dass er auch eine Verantwortung trägt und nicht nur für sich allein fährt. Er beschreibt dies als langsamen Lernprozess, denn vom Start bis ins Ziel sei man zwar jeweils auf sich allein gestellt, aber darum herum ist das gesamte Umfeld äusserst wichtig. Gerührt erinnert sich Cla an das Fest, welches ihm zu Ehren nach seinem Weltmeistertitel zu Hause veranstaltet wurde. Praktisch das ganze Dorf war da und er verkündete vorausahnend, dass er übrigens noch einen Bruder mit mehr Talent habe. Vier Jahre später war es so weit: Erneut wurde im Dorf gefeiert, dieses Mal für seinen Bruder Fadri. Nach dem Titelgewinn habe Fadri ihm ganz kurz und trocken auf den Anrufbeantworter gesprochen, dass er nun übrigens auch Weltmeister sei.

Austausch über verschiedene Erfahrungen.
Austausch über verschiedene Erfahrungen.

Snowboarden im Wandel der Zeit

Ricarda profitiert bei ihren Rennen heutzutage von speziell konstruierten Snowboardtoren, wie sie Cla noch nicht hatte. Schmerzlich erinnert er sich an die Kippstangen seiner Zeit zurück. Auch das Material und die Unterstützung in Sachen (Mental-)Training oder Ernährung habe sich über die Zeit stark verändert. So tranken früher gewisse Athlet*innen vor einem Rennen noch einen Eistee, was heute undenkbar ist. Doch die Entwicklung hält sich in ihren Augen in Grenzen. Die Physik und Essenz hinter ihrem Sport mit den Schwüngen von Tor zu Tor sei identisch geblieben. Nach wie vor sehen sie Snowboard Alpin als technisch schwierige Sportart an, was es zu einer Nische macht und wohl auch bleiben lässt. So erstaune es nicht, dass einige zurück auf die Ski wechseln. Umso mehr freut es die drei, dass trotz einem rückläufigen Snowboardmarkt der Bereich Snowboard Alpin sich in den letzten 15 Jahren konstant entwickelte.

Als Älteste im Juniorenteam war ich mir meiner Vorbildfunktion immer vollkommen bewusst. Ich sah mich aber nicht als Team-Mami, sondern eher als grosse Schwester. Im Weltcupteam werde ich wieder das Küken sein.

Ricarda Hauser

Vorbilder für den Nachwuchs

Ricarda setzt alles daran, ihren beiden Vorgängern nachzueifern. Damit es auch in Zukunft um den Nachwuchs gut bestellt ist, braucht es in Clas Augen Skigebiete, die sich entsprechend positionieren, funktionierende Strukturen sowie Wissen über die Sportart an sich. Letzteres ist besonders Nevin ein Anliegen. Auf seinen Social-Media-Kanälen veröffentlicht er Inhalte, um die Attraktivität des Sports zu vermitteln. Wer snowboarden kann und sich einmal in der Alpin-Disziplin versuchen möchte, denjenigen empfiehlt er sein Snowboard Carving Camp jeweils Ende Saison in Scuol, um mit ihm und Weltcupkolleg*innen zu trainieren. Für Ricarda sind gute Trainer*innen in den Regionen entscheidend, die ihr Wissen vermitteln und motivieren können. Zudem müssen die Erfahrenen unbedingt ihre Leidenschaft zeigen und weitergeben. Die Jungen brauchen Vorbilder, denen sie nacheifern können. Und Vorbilder sind die drei Scuoler Snowboardgenerationen zweifellos.

Drei Generationen treffen sich auf der Piste.
Mit viel Tempo geht es talabwärts.

Text: Roger Kreienbühl

Bilder: Claudio Daguati

Video: Marina Gachnang

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