Unterwegs mit dem Wildhüter

Curdin Florineth

Begleiten Sie Curdin Florineth auf einer Erkundungstour im Wald.
Im Winter benötigen Wildtiere vor allem eines: Ruhe, möglichst viel Ruhe. Wichtige Rückzugsorte finden sie in Wildruhezonen – solange diese von den Menschen respektiert werden. Wir haben den Wildhüter Curdin Florineth auf einer Erkundungstour im Wald begleitet.
Curdin hält Ausschau nach Wildtieren.

Ftan. Ein sonniger Spätwintertag am frühen Morgen. Im Wald zwitschern vergnügt die Meisen und auch das Hämmern eines Spechts ist zu hören. Der Schnee ist hartgefroren und kratzt unter den Tourenskis von Wildhüter Curdin Florineth, der mit seiner Hündin Aica unterwegs ist.

Wissen, wo die Wildruhezonen sind

Neben dem genauen Beobachten der Natur, für den Wildhüter eine Daueraufgabe, steht die Kontrolle der Wildruhezone «Aual Grond» auf dem Programm. Sind die Absperrzäune und Hinweistafeln gut sichtbar? Das Ostergeschäft steht nämlich bevor und es werden sich nochmals viele Leute im Skigebiet aufhalten.

Hündin Aica begleitet Curdin auf seiner Tour.

Die steilen Südhänge oberhalb der Wildruhezone sind bei Freeridern und Tourengehern sehr beliebt (Piz Clünas) und die Bedingungen optimal, um über den aufgeweichten Frühlingsschnee zu gleiten. «Darum ist es wichtig, dass Wintersportler wissen, wo die Wildruhezone beginnt, und diese nicht befahren», sagt Curdin.

Im Winter leben Wildtiere im Sparmodus. Darum ist ihre Störung verheerend.

Curdin während seiner Arbeit als Wildhüter.

Warum sind Wildruhezonen so wesentlich für das Wild? «Die Tiere brauchen im Winter Rückzugsorte, wo sie ungestört sind», erklärt der Wildhüter. «Insbesondere grosse Wildtiere wie Hirsch, Reh, Gämse und Steinbock überstehen den Winter nur, weil sie ihre Körperfunktionen um bis zu 60% zurückfahren. Sie leben im Sparmodus und bewegen sich so wenig wie möglich. Auch bei Raufusshühnerarten wie Birk- und Schneehuhn ist das so. Es ist die Überlebensstrategie unserer heimischen Wildtiere.»

Eine Flucht verbraucht Energiereserven

Und was passiert, wenn ein Tier durch einen Menschen aufgescheucht wird? «Eine kräftezehrende Flucht in diesem Zustand und im tiefen Schnee ist verheerend. Der grosse Energieverlust kann dazu führen, dass die Reserven nicht ausreichen und das Tier verendet», so der Fachmann. «Der Energieverlust kann auch nicht wieder ausgeglichen werden. Denn das winterliche Futter, dürres Geäst und trockenes Gras, enthält kaum Nährwerte und dient lediglich der Aufrechterhaltung der Darmfunktion.»

Curdin führt Hündin Aica im Wald stehts an der Leine.

Während Curdin durch den Wald läuft, behält er seine Hündin stets an der Leine. Das sei eine wichtige Regel neben dem Respektieren von Wildruhezonen, betont der Wildhüter. Wildtiere flüchten nämlich vor freilaufenden Hunden.

Hund an der Leine führen

Nach einer Weile lichtet sich der Wald, ein breites Couloir tut sich auf. Curdin greift zum Feldstecher und sucht die Hänge ab. Tiere sieht er keine, jedoch einige auf ihn zulaufende Skispuren. Auf den offenen Hängen sind Abfahrten erlaubt, ein Korridor für Wintersportler zwischen zwei Wildruhezonen.

Auf der Suche nach Wildtieren.

Informieren statt Bussen verteilen

Curdin sagt: «Wen man im freien Gelände unterwegs ist, sollte man immer wissen, wo man sich befindet, nicht nur wegen der Wildtiere, sondern auch zum eigenen Schutz.» Apps mit Ortungs- und Tourenplanungsfunktion können dabei sehr hilfreich sein (zum Beispiel White Risk des Schweizer Instituts für Schnee- und Lawinenforschung SLF).

Achtung bei Tierspuren im frischen Pulverschnee.

Der langjährige Wildhüter hat Verständnis für Sportler und Menschen, die gerne in die freie und wilde Natur gehen. «Es ist gut fürs Wohlbefinden und jeder und jede hat das Recht dazu.» Wichtig ist ihm aber, dass man Regeln respektiert und sich bewusst ist, was sein Handeln für Folgen haben kann. «Wenn beispielsweise Neuschnee gefallen ist, bedeutet das: Stress fürs Wild. Wenn ich dann Tierspuren im frischen Pulverschnee sehe, sollten die Alarmglocken klingen. Also kann ich auch mal auf eine Abfahrt oder Tour verzichten.»

Curdin hat Verständnis für Sportler und Menschen, die gerne in die freie und wilde Natur gehen.

An solch heiklen Tagen sind die Wildhüter nicht selten im Gelände unterwegs und reden mit Freeridern und Tourengehern. «Wir tun das in der Regel oben am Berg und warten nicht unten und verteilen Bussen. Denn eine Busse nützt dem aufgeschreckten Tier rein gar nichts.»

Wildhüter sind wichtige Vermittler

Curdin ist sich bewusst, wie wichtig der Tourismus für die Region ist, und möchte dazu beitragen, dass Naturschutz und Wintersport vereinbar sind. Daneben gibt es weitere Interessengruppen wie Forst- und Landwirtschaft oder Jäger. Als Wildhüter sieht er sich nicht nur als Fürsprecher der Wildtiere, sondern auch als Vermittler zwischen den verschiedenen Interessen. Der gegenseitige Austausch sei zentral und ein wichtiger Teil seines Jobs. Er sagt: «Man kann nur gute Lösungen finden, wenn man die Sichtweisen der anderen versteht und respektiert.»

Seit über zwölf Jahren ist Curdin bereits Wildhutchef des Bezirks Suot Tasna-Ramosch.

Seit über zwölf Jahren ist Curdin bereits Wildhutchef des Bezirks Suot Tasna-Ramosch. Gemäss seiner Erfahrung hat das Naturbewusstsein der Wintersportler zugenommen. Gerade im Unterengadin, wo man auf naturnahen und nachhaltigen Tourismus setzt. Und dank gezielter Information.

Naturbewusstsein der Leute hat zugenommen.

Andererseits nehmen die Freizeitaktivitäten immer mehr zu, und das rund um die Uhr. «Die Ersten ziehen morgens um 5 Uhr mit Stirnlampe los, die Letzten kehren spät nach Mitternacht zurück. Die Natur hat dadurch kaum noch Ruhezeiten», gibt der Fachmann zu bedenken.

Curdin stellt er sein Spektiv auf und sucht die Hänge nach Wildtieren ab.

Ein Steinbock und ein paar Gämsen

Curdin und Aica haben die Waldgrenze erreicht. Auf der anderen Talseite streicht die Sonne über die Bergspitzen, doch Curdin interessiert sich mehr für die Spur eines Schneeschuhläufers. «Sie führt mitten durch die Wildruhezone. Das ist ärgerlich, da sie gut sichtbar ist und Nachahmer finden kann.» Dann stellt er sein Spektiv auf und sucht die Hänge nach Wildtieren ab. Auf dem hintersten Bergkamm Richtung Val Tasna entdeckt Curdin einen Steinbock und auch ein paar Gämsen zählt er mit seinem geschulten Auge.

Fahrt zurück ins Tal.

«Ich gehe gerne selber auf Skitouren»

Curdin Florineth ist in Ftan aufgewachsen und wohnt im Haus seiner Vorfahren, ein altehrwürdiges Engadinerhaus. Für die Vorgänge in der Natur hat er sich von klein auf interessiert, der Vater hat ihn auf die Jagd mitgenommen, ein Onkel war Wildhüter. Gelernt hat er Schreiner, wie sein Vater und Bruder. Doch bereits mit 23 wurde er Parkwächter im Schweizerischen Nationalpark. 2005 verliess er den streng geschützten Nationalpark und wechselte in die Wildhut, für ihn der abwechslungsreichere Beruf, da er mit vielen Interessengruppen zu tun hat. Seit 2010 steht Curdin dem Bezirk Val Tasna-Ramosch vor. Der 51-Jährige ist verheiratet und Vater einer Tochter und eines Sohnes. In der Freizeit geht er gerne selber auf eine Skitour, im Sommer ist er Hobbyimker. Ein Tier, das ihn besonders fasziniert, ist der Schneehase. «Das sind so zierliche Tiere, die im Winter oft ganz oben auf den Berggipfeln leben. Unglaublich, wie sie das durchhalten.»

Curdin Florineth ist in Ftan aufgewachsen und wohnt im Haus seiner Vorfahren, ein altehrwürdiges Engadinerhaus.

Text: Franco Furger

Bilder: Claudio Daguati

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